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The Nurse

Kurzgeschichte

Foto: Günter Schuler

1

 

Es war ein Sonntag im Herbst, als wir mit der E-Car durch die hügelige Landschaft fuhren. Mein Schatz – oder genauer: mein Ehemann, wenn auch alles andere als Ernährer – hielt die linke Hand lässig am Steuer, während er mit der rechten Bilder und Gedanken in die Luft hineinschnitt. C’est la vie: Seit anderthalb Stunden ließ er alle Viertelstunde lang einen Joke vom Stapel – stets passend zu dem Moment, wenn die Stimmung im Wagen in Eintönigkeit abzugleiten drohte. Der Elektrowagen war das wenigste. Fact war, dass wir ihn uns nicht leisten konnten. Ebenso jedoch, dass ein zukunftstaugliches Gefährt einfach angestanden hatte. Wie auch immer: Seit vier Wochen war die Family klimatisch sauber unterwegs. Und die Gesamtlaune, wie mein Stecher es ausdrücken würde, ließ sich auf Berlinerisch in zwei Worten zusammenfassen: »allet tutti«.

Mein Konto war entsprechend in den Miesen, mein Job im Krankenhaus immer noch nicht besser bezahlt. Wie ein Bleibarren im Bauch lag mir allerdings der anstehende Besuch bei meinen Eltern. Filius, Tochter, Ehemann, Sonntagsbraten nach altbürgerlich. Papa Landwirt, Mutter Hausfrau. Das Verhältnis zu meinen Alten kompliziert zu nennen, wäre untertrieben gewesen. Nur mein Angemahlter hatte sich bezüglich meiner Erzeuger eine rosarote, die Realitäten stark glättende Sonnenbrille zugelegt und meinte lakonisch-beschwichtigend, der Besuch sei nicht mehr aufzuschieben.

»Und, du weißt ja, auch wegen Malte. Wäre gut, wenn er seine Großeltern wenigstens ab und zu mal zu Gesicht bekommt.« Ich schlug ihm vor, doch mit Malte allein dahinzufahren. Allerdings: einen echten Beziehungskrach deswegen riskieren? Kompromiss sells. So saß ich an diesem Sonntagvormittag auf dem Beifahrersitz und gab eine ziemlich wortkarge Nummer ab. Nur Malte hinten war ziemlich aufgekratzt und krähte alle Viertelstunde: »Papa – wann sind wir denn endlich da?«

Die Spannungen waren bereits bei der Begrüßung spürbar. Der alte Herr, stilecht in Sepplhose und mit Tirolerhut, fertigte den Lover seiner Tochter mit ein paar großspurigen Sprüchen ab, Mir drückte er, während er mich nachdenklich fixierte, neutral die Hand, was wohl so viel heißen sollte wie: »In meinem Haus bist du immer willkommen, Tochter«. Anschließend hieb er Malte scherzhaft über den Kopf, um alsdann in eine zünftige Rumkumpelei einzusteigen. Den verbindlicheren Teil der Begrüßung absolvierte seine Frau – Hedwig. Nachdem der kurze Vorrat an Vorgeplänkel-Themen aufgebraucht war, machte ich es mir in der Sitzecke bequem und überflog den Bergenhausener Boten, die hiesige Lokalzeitung. Auf dem Land schien es nicht weniger trist zuzugehen als im Rest der Welt. Die Toleranz war allgemein das Problem. Die Menschen wollten nicht mehr tolerant sein, oder genauer: Sie waren es leid, tolerant sein zu müssen. Der Bote vermeldete einsilbig eine Messerstecherei in einer der örtlichen Kneipe und schloß mit den News, die Serie anonymer Drohbriefe an den Bürgermeister gehe unvermindert weiter.

»Der hat sich das selber zuzuschreiben!« Mein Papa war – Malte im Gefolge – in die Küche hereingekommen und fühlte sich bemüßigt, auch zur örtlichen Lage seinen sachverständigen Kommentar abzugeben.

»Ich weiß ja, wie ihr beiden denkt«, schaltete sich Hedwig, mit Blickfolge von mir zu meinem Gespons, vermittelnd ein. »Aber hier weiß keiner, wie das –«

»Ja, schon’ sie nur, die kommen aus der großen Stadt. Fang am besten mit den Bienchen und dem Hafer an«, polterte der Herr des Hauses dazwischen. Unvermittelt, auch im plötzlichen Stimmungswechsel war er Weltmeister, setzte er mir gegenüber ein aufgesetzt-fröhliches Grinsen auf. »Nichts für ungut. Wir wollen uns doch heute nicht streiten. Am schönen Sonntag. – Wie sieht’s mit dem Braten aus? Hab‘ langsam Hunger.«

»Schon in Arbeit, Monsieur.« Hedwig verzog sich in die Küche, Wilhelm – so der Name meines Dads – murmelte mit Kennermiene etwas von Paris, wo seine Frau in ihrer Jugend ein Austauschjahr absolviert habe. Ich kochte zwischenzeitlich vor Wut und hatte keinerlei Plan, wie die nächsten Stunden unfallfrei über die Bühne gehen sollten. Auch My One And Only hatte zwischenheitlich gemerkt, dass dicke Luft war. Mit ein paar abwiegelnden Stories überbrückte er die Minuten bis zum sonntäglichen Festbraten. Nichtsdestotrotz stieß ich ihn, als es zu Tische ging, kurz an.

»Nach dem Essen machen wir den Abgang. – Keine Diskussion. Oder du bleibst, und ihr könnt euch ein Taxi nehmen.«

Auf irgendeine Weise würde die Frage für immer ungeklärt bleiben, doch das konnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen. Zwischenzeitlich waren weitere Gäste – respektive Mitesser – eingetrudelt: mein Bruder Heinz mit seiner Frau Gertrud, Tante Sybille, Onkel Frieder und schließlich David, ein alter Kumpel meines Mannes aus Jugendtagen. Schwer zu sagen, in wen er mehr verliebt war – aber irgendwie in der Anfangszeit unserer Beziehung hatte es sich ergeben, das die beiden ein Arsch und eine Seele waren (später waren wir eine Zeitlang zwei Ärsche und eine Seele, aber lassen wir die Details.) Ich überlegte kurz, welches Deal-Bundle mein Herzallerliebster hier abzuwickeln gedachte. Die Beschäftigung mit diesem Aspekt unseres Besuchs hielt ich für einen guten Ablenker – auch wenn das Gespräch zu Tische langsam auch ohne uns Fahrt aufnahm. Frieder und mein Dad parlierten über die gestiegenen Preise für Düngemittel, während die drei Frauen vom Ort die Gemeindeneuigkeiten austauschten.

Der Braten war nicht schlecht. Ich stocherte in den Kartoffeln, tunkte sie in Sauce, schob sie auf die Gabel und anschließend ein Stück von dem Rinderbraten nach. Zwischendurch, ab und an unterbrochen von einer einsilbig beantworteten Frage meiner Mutter, sinnierte ich über die Vergeblichkeit menschlicher Kommunikation im allgemeinen und die mit bestimmten Spezies im besonderen. In unserer Familie hatte ich schon von je her als diejenige gegolten, die aus der bodenständigen Art ausgeschlagen war. Das Studium und der damit verbundene Zug in die Stadt war ein harter Kampf. Irgendwann war er beendet – auch als ich das Studium, mangels Kohle und wohl auch mangels Lust, geschmissen und in einem Krankenhaus angeheuert hatte. Das Krankenhaus war nicht wirklich der Bringer. Aber mit der Zeit hatte ich mich daran gewöhnt, wollte die Atmosphäre auch nicht mehr missen.

Mit den Alten hatte es sich mit der Zeit ebenfalls gelegt. Bis vor zwei Jahren. Als Dad mit diesen Heinis anfing. Ich wollte es nicht so genau wissen, aber irgendwie erhärtete sich bei mir der Verdacht, dass er wohl mit den Reichsbürgern anbändelte. Nicht die knallharte Tour, so mit Waffen in der Vitrine (obwohl Dad zwei Lang- und eine Kurzwaffe sein Eigen nannte) und Milizübungen. Aber schon vom Herzen her, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich will nicht behaupten, dass die Zerwürfnisse zwischen Tochter und Restfamilie aus den politisch recht exponierten neuen Vorlieben des Familienpatriarchen rührten. Fact war, dass sich längst Welten zwischen uns gelegt hatten. Anders gesagt: aus dem Hof meiner Eltern und meinem Patchworkfamily-Leben in der Stadt waren längst zwei unterschiedliche Galaxien geworden.

Es hätte alles glimpflich über die Runden gehen können. Wenn der angeheiratete Teil der Familie (meiner) im rechten Moment den Rand gehalten hätte – und seine flapsige Bemerkung, dass Spätzle ebenfalls gut zu Rinderbraten passen, bei sich. Schlagartig wurde es still bei Tisch, eine Gabel fiel auf den Teller. Ich fixierte meinen Dad; der fixierte den Anlass der Mißstimmung wie eine Kakerlake, während sein Kopf zunehmend roter wurde.

»Willst du einen Schnaps, Wilhelm?« Hedwig versuchte, dass sich anbahnende Unheil im Zaum zu halten, es mit irgendeiner Form von Diplomatie wegzumachen. Mein Dad wurde ruhiger und ruhiger. Mit einer Serviette putzte er sich den Mund ab, faltete diese bedächtig und legte sie über den Teller auf das halb aufgegessene Bratenstück mit den Kartoffeln.

»Du findest Spätzle besser als die Kartoffeln, die deine Schwiegermutter kocht?« Dad grinste den Meinen mit einem durchdringenden Blick an. Dann meinte er lakonisch: »Frieder – kommst du mal?«

Frieder, Wilhelms älterer Bruder, stand auf, warf meinem Mann einen vernichtetenden Blick zu. Beide verpissten sich ins Nebenzimmer. Hedwig war offenbar am Ende ihres Lateins, Sybille suchte nach einem Grund, sich aus dem Staub zu machen.

Ich stieß meinen herzallerliebsten Angetrauten an und zischte ihm zu: »Wir machen uns jetzt hier vom Acker. Jetzt und sofort.« Was für eine bescheuerte Idee, wollte ich noch hinzufügen, aber das konnte ich ja später im Auto ausgiebig nachholen. Malte blickte mich flehendlich an. Was für eine Tortur –

Doch es war zu spät. Frieder und mein Dad waren wieder eingetreten. Ich vermeinte Alkohol zu riechen, Alkohol der härteren Sorte, doch das war in diesem Haus nichts Besonderes. Wirklich Sorgen machten mir indess die beiden Langläufer, welche die beiden unter den Armen trugen. Wilhelm, mein Dad, blickte mit blutunterlaufenen Augen in die Runde. Irgendwas Endgültiges, wie schon lange Geplantes lag in seinem Blick, und das machte mir plötzlich eine Heidenangst.

»Ich weiß«, hub er an, »ich habe euch viel durchgehen lassen – insbesondere dir, meiner Tochter. Doch eine Beleidigung des Sonntagsmahls, dass deine Mutter mit viel Mühe zubereitet hat, geht zu weit.« Er machte eine kurze Pause und blickte dann meinen Mann an. »Dich, der du uns das angetan hast, verurteile ich hiermit zum Tode. Wegen Volksaustausch, mein Junge, und weil es dir chronisch an Respekt mangelt – sogar vor den Eltern deiner Angetrauten. Und dich –«, er nickte kurz in Davids Richtung, »ebenfalls. Schon seit Jahren schleichst du durch den Ort. Denkst du, ich wüßte nicht, dass du das halbe Dorf mit Drogen versorgst? Damit ist jetzt Schluss.«

»Was ist hier los? Bist du jetzt vollkommen durchgeknallt?« David. Was immer er war oder noch zu werden gedachte – Eier hatte er. Und mit diesen ging er aus der Welt. Der Schuss aus Wilhelms Gewehr zerfetzte ihm die Brust. Unisono zwei Aufschreie (oder auch drei); ein Stühlescheppern; überall Blut, Malte suchte in Panik das Weite. Hedwig drohte hysterisch zu werden; ich verlegte mich aufs Flehen. Nur der Ideengeber für den Sonntagsplausch war kreidebleich, brachte keinen Ton heraus. Jedenfalls fast.

»Wilhelm, ich hab’ nichts –«

»Maul halten. Und nenn’ mich nicht ›Wilhelm‹. – Raus. Runter in den Gemüsegarten.«

Während Heinz und Gertrud kreidebleich an ihrer Tischecke verharrten, verlegte ich mich (wahrscheinlich typisch weiblich) aufs Flehen. Bis mein Dad etwas tat, was er seit fünfzehn Jahren nicht mehr getan hatte. Er scheuerte mir dermaßen eine, das ich rückwärts in die Schrankvitrine flog. Wie in Trance hörte ich Hedwig stammeln: »Er hat doch nur einen Vorschlag gemacht – das war doch nichts Schlimmes …« An den Rest kann ich mich nicht mehr so recht erinnern. Sie mögen zu Recht einwerfen, dass ich an diesem Mittag vielleicht eine etwas lahme Nummer hingelegt habe. Dass ich dem Alten nicht eine Bratpfanne über den Schädel gezogen, oder vielleicht eine kleine Pistole aus meinen Cowboystiefeln gezaubert habe, wie man das so vortrefflich in Netflix-Serien konsultieren kann. Zu meiner Entschuldigung muß ich sagen: Es ging rasend schnell, um nicht zu sagen: kompakt. Ich berappelte mich gerade, als draußen ein Schuss fiel, dann noch einer. Ich rappelte mich gerade benommen vom Boden auf, als Wilhelm und Frieder erneut die Küche betraten und – ohne mich sonderlich eines Blicks zu würdigen – Davids Leiche vom Stuhl nahmen und diese in Richtung Hinterhaus / Garten trugen.

Zu der halben Stunde, die darauf folgte, habe ich keine Erinnerung mehr. Alles ist wie ein Schwamm. Ich habe ungefähre Bilder, wie meine Mutter, Gertrud und Heinz diskutierten, während mein Vater das große Wort führte und sich schließlich mit Frieder wieder Richtung Garten begab. Es war Sybille, die schließlich fest meinen Arm packte, kurz meinte »Du mußt weg!« und mich ins Freie führte. Wir gingen zum Auto, riefen wie hysterisch nach Malte, der sich in einem Raum hinter einem Holzverschlag verkrochen hatte. Schließlich stiegen wir ein. Sybille bemerkte knapp: »Ich regele das«, dann schmiss ich den Motor an und manövrierte den Wagen wie in Trance in Richtung Ausfahrt.

Vor der stand Hedwig. Wie in einem Film nahm ich das Panorama wahr, dass sich nun entspann. Hinter den Hügeln und dem Wald Wolken, die aufzogen, im Garten silhouettenhaft zwei Männer in Landkluft, die Schaufelarbeiten tätigten. Gräber ausheben. Mir wurde kalt. Anstatt meine Olle umzufahren, hielt ich kurz und schaltete wie in Trance das Seitenfenster runter.

»Er MEINT es nicht so. Es tut mir UNENDLICH leid …« Ich wollte das Fenster schließen, endlich raus aus diesem Alptaum fahren und, last but not least, meinen Sohn in Sicherheit bringen. Zwischenzeitlich war mein Dad herangekommen. Er lüftete kurz seinen Tirolerhut, wischte sich mit einem Tuch die Stirn ab und schaute mich dann nachdenklich an.

»Für DICH ist hier immer ein offener Platz. Ich denke, das WEISST du.« Er überlegte kurz. »Und wegen dem,« er zeigte mit dem Daumen beiläufig nach hinten, »würde ich mir keine Sorgen machen.« Er machte eine Pause, wußte offenbar nicht, was er sonst noch sagen sollte. Er lüftete erneut den Hut zum Abschied und meinte halb im Umdrehen: »Man sieht sich.«

Ein Mann war zwischenzeitlich die Straße hochgekommen, genauer: ein Paar, also Mann und Frau, noch genauer: Ortsansässige. Hedwig schien die Situation unendlich peinlich zu sein, mich überflog wieder Panik; Malte trommelte gegen den Vordersitz und intonierte leise wie dringlich: »HEIM! HEIM! HEIM!«

»Noch so bei der Arbeit am Sonntagmittag?« Der Mann. »Hab’ Schüsse gehört.«

»Die Wildgänse. Machen die ganze Saat kaputt«, meinte Wilhelm, während er lakonisch-lauernd auf einem Zahnstocher herumkaute.

»Ja, das Wildvieh. Macht alles nieder, was bei drei nicht auf den Bäumen ist. Aber das mußt du mal einem aus der Stadt sagen.« Der Typ machte eine Pause. »Aber immerhin gibts einen guten Braten.«

»Wir haben schon«, meinte meine Mutter – thematisch deplatziert, aber strategisch nicht in Gänze schlecht.

»Aha. Wir noch nicht. Dann werden wir uns mal auf den Weg machen.«

»Ja, Pfiat di. Und lasst’s euch schmecken.«

Ich zog den dritten Gang an und donnerte, als der Wagen, E-Wagen sind da schnell, auf Beschleunigung gekommen war, die Straße in den Ort herab.

Malte war ruhig. Die ganze Fahrt über. Ich auch. Beide jeweils in unserem Film, bretterten wir der Großstadt entgegen. Es war kompliziert. War ich auf der Flucht? Was würde aus uns werden? Was würde aus Malte werden? Fragen über Fragen. Und die Dinge sollten noch schlimmer kommen. Ähnlich wie in einem Film, den mein Ex – zu meinem Verdruss – sehr mochte. (Naja – irgendwann mochte ich ihn auch.) Und in dem der korrupte Cop, nachdem alles aufgeflogen ist, den ehrlichen Cop fragt:

»Wie schlimm wird es?«

(der Ehrliche:) »Ziemlich schlimm.« Und: »Am Ende muß es vielleicht richtig schlimm kommen. Damit es danach wieder besser wird.«

Was wir noch nicht wussten: Ungefähr auf diesen Punkt lief gerade unser Leben zu.

 

 

2

 

Die Wochen nach dem Vorfall bei meinen Eltern waren atemberaubend. Unerklärlich. Ich weiß, dass es schwerfällt, hierfür die richtigen Worte zu finden. Wäre ich ein Action-Schreiber (so, wie mein Ex immer einer sein wollte), würde ich an der Stelle ein paar fetzige Szenen in die Tastatur hauen. Mangeln tat es daran nicht. Da war zunächst der nächste Tag. Ein Montag. Der Montag, an dem ich zur Polizei ging. Es war, nunja: eine Erfahrung mit eigener Geschmacksnote. Vielleicht werden Sie sagen: In Berlin wäre alles kein Problem gewesen. Die hätten die Mörder Ihres Freundes via Sonderkommando abgeholt. Notfalls hätten sich ein paar Stadtverordnete oder sonstige Beauftragte ins Zeug gelegt, um der Gerechtigkeit auf die Sprünge zu helfen. Wie auch immer: die Bösen wären am Ende ihrer gerechten Strafe nicht entronnen.

Leider funktioniert das so nur im Fernsehen, im Tatort vielleicht. Das Gespräch auf der Wache verlief in etwa wie folgt:

»Ich möchte eine Straftat melden. Einen Mord?« (ich)

Der wachhabende Beamte: »So, einen Mord möchten sie melden? Wer ist denn umgebracht worden?«

Ich erzählte ihm die ganze Geschichte von dem Besuch bei meinen Eltern – dem verfahrenen Essen und der geradezu alptraumhaften Eskalation, die mein Dad und sein Kumpel aufgefahren hatten. Jedenfalls – ich versuchte es. Bedrängt, die Vorfälle etwas kompakter zu schildern und unterbrochen von Zwischenfragen, sah ich, wie die Beamten zunehmend skeptischer wurden.

»Aha, verstehe, kein Problem. Da werden wir gleich mal einen Streifenwagen hochschicken, der da nach dem Rechten sieht. Kevin – kannst du dich kurz mit der Dame zusammensetzen wegen Adresse, Parameter und so weiter?« Dann, zu mir, in einem zwischen Vertraulichkeit und Schmierigkeit changierenden Ton: »Und Sie sind sich sicher, dass Ihr vermisster Ehepartner und Ihr Vater nicht einen zu viel im Tank hatten? Man weiß ja, wie die Sitten da oben so sind …«

»Ja, bin ich mir absolut sicher. Und sind Sie sich sicher, dass Sie mich hier ernst nehmen?«

Um bei der Wahrheit zu bleiben: So schlagfertig war ich in der Situation leider nicht. Wobei ich zusätzlich gestehen muß, dass ich Generalregel Nummer eins außer Acht gelassen hatte. Die da heißt: Bei den Cops – nie ohne Anwalt. Schon gar nicht, wenn es um Gewaltdelikte geht. Das mag in Kreuzberg – oder vielleicht auch Reinikendorff – etwas anders laufen. Doch mich hatte das Schicksal leider in eine dieser Mittelstädte verschlagen – nicht ganz am Arsch der Welt, aber auch nicht gerade Metropole. Hieß: Ich mochte zwar in Sicherheit sein, saß hier aber – trotz Stadt – in der Pampa und hatte es plötzlich mit Behörden zu tun, denen der Mord an meinem Freund am Südpunkt vorbeizugehen schienen.

Die Latenz, die Ignoranz und schließlich der Behördenmief legten sich im Verlauf der folgenden Wochen mehr und mehr über die Geschichte. In den ersten Tagen heulte ich (vielleicht auch da ganz Frau) Rotz und Wasser. Telefonierte mit Freundinnen, schüttete mein Herz aus; was frau halt eben so macht. Der gute Rat, mir einen Anwalt zu nehmen – oder noch besser: eine Anwältin – ließ zwar ebenfalls nicht lange auf sich warten (und wurde von mir auch beherzigt). Doch auch, als die Chose anwaltstechnisch angelaufen war, blieben die Ermittlungen stecken. Vielleicht bin ich eine dumme Ziege – aber in meiner Ratlosigkeit und Verzweiflung machte ich auch das, was die toughen Ladies in den Serien (wenn auch meist erst, nachdem sie Lehrgeld bezahlt haben) NIE tun würden: mit den Tätern nochmals Kommunikation aufnehmen.

Ich rief an. Zuerst Hedwig. Die ich glücklicherweise abpasste, als mein Dad gerade nicht in der Nähe war. Kurzum: Hedwig wand sich, wie sie sich, was einiges hieß, wohl noch nie in ihrem Leben gewunden hattte. Das Ganze sei »unglücklich gelaufen«, mein Dad habe eben einen besonders schlechten Tag gehabt, und die Chose tue ihm auf seine Art auch leid. Am nächsten Tag war Wilhelm selbst am Telefon. Bei mir, auf meinem Mobil.

»Mein wertes Töchterlein?«

Ich gab vor Schreck erst keine Antwort, dann flüsterte ich: »Was WILLST du?«

»Ich hörte, du warst bei der Polizei.« Er machte eine Pause, in der ich nichts als seinen schweren Atem vernahm. »Ich weiß nicht, was du hast«, meinte er plötzlich aufgeräumt. »Die – also die Ortspolizisten hier – die kamen zu einer Befragung. Ich konnte denen sagen, dass ihr wohl einiges gebechert habt. Also: wir alle, natürlich nicht deine Mutter. Und du auch nicht, Sorry; du mußtest ja noch fahren. Aber diese … Anschuldigungen: Hattet ihr hinterher vielleicht … Streit?«

»Du Arschloch. Du dummes Arschloch.« Ich legte auf.

Meine Anwältin tat ihr Bestes, doch die Sache verlief im Sande. Jedenfalls fast. Stattdessen war ich nun diejenige, die zunehmend Probleme bekam. Es fing mit einem Besuch der Kripo an – Zivile, die echte Mordkommission. Zunächst kamen sie zu mir in die Wohnung, beim nächsten Mal direkt zur Arbeitsstelle, also ins Krankenhaus. Das war die Overture. Der Knall kam ungefähr vierzehn Tage später, ebenfalls ein einem Wochenende. Zwei Mitarbeiterinnen des Jugendamts, flankiert von zwei Uniformierten, klingelten Sturm, verschafften sich daraufhin ziemlich rabiat Zugang zu den Räumen. Die Ältere, eine Bürokratin mit Leib und Seele und ebenso aussehend, händigte mir einen Beschluss aus: Mir wurde das Sorgerecht für Malte – vorübergehend, wie die Trulla betonte – entzogen.

»Leider haben sich bezüglich einer von Ihnen aufgegebenen Anzeige Unklarheiten ergeben.« Sie machte eine Pause, die irgendwo wohl gönnerhaft wirken sollte. »Da – laut Ihrer Aussage – auch Ihr minderjähriger Sohn involviert ist, soll geprüft werden, inwieweit die Angaben von Ihnen beiden der Wahrheit entsprechen.«

»Die Sache ist die, dass nicht auszuschließen ist, dass Sie Ihren Sohn, der potenziell Zeuge ist, beeinflusst haben«, meinte die Jüngere, ebenfalls in neutralem Ton.

»Es läuft auf eine psychologische Untersuchung hinaus«, ergänzte die Ältere. »Ihr Sohn wird in eine Einrichtung kommen. Respektive zum Psychologischen Dienst. Ich möchte Sie jetzt bitten, keinen Aufstand zu machen und auf Ihren Sohn dahingehend einzuwirken, dass diese sicher unerquickliche Maßnahme hier ihren geordneten Gang geht.«

Was hätten Sie an meiner Stelle getan? Ich wollte es für Malte nicht noch schlimmer machen. Ich sagte: »Es ist nur für ein paar Tage« und: »Das stehst du durch, Großer.«

»Genau richtig.« Gesine, meine Anwältin meinte, dass ich mich richtiggehend cool verhalten hätte.

»Und was machen wir?«

»Da gibt es im Prinzip nur eins: abwarten und Tee trinken. Ich werde sehen, was sich machen lässt.«

 

Tatsächlich ging es von da ab bergauf. Man könnte sagen: vom Tiefpunkt ein bißchen nach oben. Genauer ausgedrückt mäanderte die ganze Geschichte ein in ein immer unübersehbarer werdendes Gestrüpp unterschiedlicher Behördenaktionen und Sozial-Interaktionen. Malte war nach drei Tagen wieder zurück. Der Psychologische Dienst hatte, wie es schien, kein Trauma oder Ähnliches bei ihm hinterlassen. Ich fragte ihn natürlich, was er denen gesagt hatte. Er heulte, wurde dann einsilbig. Ich verfolgte, wie sich mein Sohn langsam in seine eigene Welt zurückzog. »Völlig normal«, meinte die Kinderpsychologin, die ich zwischenzeitlich konsultiert hatte. »Ihr Sohn verarbeitet das Trauma mit Rückzug. Der muß nicht für immer bleiben.« Sie schaute mich an: »Das Wichtigste, was Sie ihm derzeit geben können, ist Ihre Zuneigung und Ihre Unterstützung.«

Der Rest war Tristesse, aber es wurde wieder – seltsamerweise. Acht Jahre war ich mit R. zusammen. Viele Erinnerungen hingen daran – gute wie weniger gute. Das Schlimmste für mich war, dass das Ganze keinerlei Sinn ergab. Aberwitzig wurde auch das Umfeld – jener Teil, den ich am Anfang kurz angeführt habe. Ich war nie groß jemand Politisches. Anders als mein nunmehr Verflossener – von dem ich allerdings denke, dass er sich da wichtiger genommen hat, als er war. Im Grunde machte er es wie die meisten – hing in irgendwelchen Foren ab, gab dort seinen Sermon zum Besten und arbeitete immer wieder, stückweise an einem Roman. Seinem großen Stück. Im Grunde war unsere Beziehung der Klassiker: frau schafft an, Kerl hängt in den Seilen und geht irgendwelchen Luftschlössern nach; frau toleriert es, weil, nunja: weil er eben so nett ist.

Der Anfang war das Übliche. Ich arrangierte mich mit meiner Situation, kloppte im Krankenhaus Extraschichten, um die Sache zu vergessen (und sicher auch, um meinen Job als verantwortliche Pflegerin der Unfall und Intensiv zu behalten). Auf dem Job machte mir keiner Schwierigkeiten. Die Kolleginnen und Kollegen verhielten sich durch die Bank taktvoll; der Chef signalisierte mir darüber hinaus, dass ich mir von der Seite aus keine Sorgen machen müsse. Die Ermittlungen stagnierten; lediglich im Freundes- und Bekanntenkreis wurde ich plötzlich von einigen seltsam behandelt oder sogar geschnitten. Die Traumatherapie mit Malte ging voran. Und auch die Spleens meines Ex dachte ich hinter mir gelassen zu haben, als ich seine Accounts löschte, seine Festplatte fräste und den ganzen Plunder in einem Secondhandladen verscheuerte.

Erinnerungen – perdu. Doch nur: Das Netz vergisst nichts.

Zwei Monate danach hatte ich wieder mit den Cops zu tun. Nicht den Uniformierten, und auch nicht der Kripo, die vorzugsweise gegen mich ermittelt hattte. Sie passten mich ab, als ich gerade von der Frühschicht auf dem Weg nach Hause war, und fragten mich als erstes nach meinem Namen. Ich sagte ihn ihnen und fragte, mittlerweile geistesgegenwärtig wie desillusioniert:

»Und wer will das wissen?«

»Werden Sie erfahren. Kommen Sie mit, steigen Sie ein.«

Es waren drei. Der auf meiner Seite des Wagens hielt die Tür auf. Mehr ein Befehl also als eine höfliche Bitte – das berühmte Angebot im Krimi, dass man besser nicht abschlägt. Geistesgegenwärtig griff ich nach meinem Handy, um meine Anwältin zu kontaktieren, konterte ebenso reaktionsschnell: »Ich werde jetzt meinen Anwalt anrufen.« Mit einem schnellen Griff riss mir der erste der drei, offensichtlich der Fahrer, dass Handy aus der Hand.

»Was wird das hier, wenn es fertig ist?« Kaum zu glauben, wie abgebrüht man wird, wenn man mit der Truppe erst mal einschlägige Erfahrungen gemacht hat. Um es kurz zu machen: Um meine Position zu sondieren, löcherte ich die drei während der gesamten Fahrt mit Fragen: wer sie seien, warum sie mich auf offener Straße entführten, ob ein Haftbefehl vorliege, und dass die Aktion auf jeden Fall Konsequenzen für sie habe. Immerhin eine Frage bekam ich beantwortet. Der Beifahrer:

»Nein, kein Haftbefehl. Wir fahren Sie lediglich zu einer Vernehmung.«

Ich kam in das berühmte Vernehmungszimmer. Das ungefähr so echt aussah wie im Krimi: große Durchsichtscheiben, ein Tisch Größe für vier Personen, ein großes Pinboard mit null Notizen, Anstrich bis Brusthöhe: dunkelgrün; darüber: weiß. Der Rest wich vom Klischee ab. Keiner, der mir einen Stuhl zurechtrückte mit der Aufforderung, mich zu setzen. Dafür aber auch keinen Latte Macchiato oder wenigstens einen Pappbecher mit der Mucke von Automaten.

Der Große unter den dreien, ein schnauzbärtiger, ziemlich unangenehmer Typ, ging sofort in medias res.

»Wir sind nicht hier wegen Ihnen. Sondern wegen Ihrem Mann. Noch immer nicht aufgetaucht?«

»Ich will meinen Anwalt sprechen.«

»Sie brauchen keinen Anwalt. Das ist keine Vernehmung. Sondern lediglich eine Zeugenbefragung.«

»Auch bei Zeugen ist eine anwaltliche Vertretung zulässig. Auf welcher Polizeischule waren Sie eigentlich? Also, für die gesamten Herrschaften: Ich möchte meinen Anwalt hinzuziehen. Ohne meine Anwältin kriegen Sie hier gar nichts. Außer Name, Geburtsname und Wohnort.« Ich nannte die drei Angaben, mit der Zusatzbemerkung, dass ich hoffte, dass das auch ordungsgemäß aufgezeichnet wurde.

»Aha, eine ganz Toughe«, schaltete sich Nummer zwei ein, der Beifahrer. Ein Typ, der auf mich bisher eher wie der Oberbürokrat im Trio gewirkt hatte. Naja, auch Toughe können sich täuschen.

»Wir möchten mit Ihnen über die politische Ausrichtung Ihres Mannes sprechen. War er irgendwie links?« Nummer drei sollte offensichtlich den Good Cop in dem Trio abgeben. Er nahm sich eine Zigarette aus der Schachtel, hielt sie mir dann hin. Ich lehnte ab. Dann redete er weiter. »Damit wir uns richtig verstehen: der Kriminalfall, der bei Ihnen wohl noch anhängig ist, interessiert uns überhaupt nicht. Wir glauben auch nicht, dass Sie Ihren Ex um die Ecke gebracht haben –«

»Anwalt.« Ich. Der Typ blies etwas Rauch in meine Richtung – gerade so, dass die Interpretation, ob das eine Provokation war, anheimgestellt war. Wohl doch nicht der Good Cop; für die Sorte fehlte offensichtlich das Geld. Der Typ seufzte.

– »Gut. Sie wollen nicht reden. Dann hören Sie sich wenigstens an, was wir zu sagen haben –«

»Habe ich eine Wahl?«

Die beiden anderen lachten. Der Pseudo-Gute blieb ernst, zog nochmal an seiner Zigarette und fuhr dann fort:

»Nicht wirklich. Aber nach dem Vortrag können Sie gehen, versprochen.«

Ich sagte nichts. Der Cop – die Jungs waren vom Staatsschutz, so viel war bislang mal sicher – hub bedächtig an und begann dann mit einer kruden Abenteuerstory über meinen verblichenen Ein-und-Alles. Sie legten mir Protokolle vor über Chat-Aktivitäten meines Ex, prahlten herum mit seinen persönlichen Kontakten und schienen insbesondere bestens informiert über diverse Statements, die er im Zug der Corona-Pandemie online gestellt hatte.

»So – dann ist es nunmehr ein Verbrechen, wenn man sich an eure Regeln hält und die Maßnahmen des Staates, wenn auch ausnahmsweise, mal für ganz sinnvoll hält?«

Es war aus mir herausgeplatzt. Die beiden anderen Cops kicherten.

»Nein. Sicher KEIN Verbrechen. Aber andererseits gibt es Fragen auf, wenn Linksradikale plötzlich die Maßnahmen des Staates befürworten. Oder finden Sie nicht?«

»Sie sind doch Krankenschwester. Das müßte Ihnen eigentlich zu denken geben.« Der mit dem Schnauzer.

»Klaro – wo ihr auch sowas von Beifall für uns geklatscht habt.« Ich konnte kaum noch an mir halten.

Der dritte, definitiv wohl der Bad Cop, wollte mit irgendwas herausprusten, wurde aber von dem Pseudo-Guten via Augenwink in Schach gehalten.

»Hier kommen wir zu den Reichbürgern.« Er machte eine Kunstpause. »Sie wissen vermutlich nicht, dass wir Ihren Vater bereits seit Jahren im Visier haben. Ja – die Polizei ist, anders als Sie vielleicht denken, keinesfalls auf dem rechten Auge blind. Und hier kommen wir zum Zirkelschluss. Wir wissen nicht, was in dem Dorf passiert ist. Aber wenn ein Linker – der sich seinerzeit noch öffentlich für die Maßnahmen ausgesprochen hat – plötzlich mit einem Rechten korrespondiert, dann ist, verzeihen Sie mir die etwas flapsige Ausdrucksform, doch etwas faul im Staate Dänemark. Oder sehen Sie das anders?«

Ich konnte mir die Antwort sparen. Das Handy hatte bei Nummer zwei gepiepst. Woraufhin er Nummer Drei / Gut was ins Ohr flüsterte. Der meinte zu mir lapidar:

»Wir sind hier fertig. Aber Sie sollten sich das Ganze gründlich durch den Kopf gehen lassen. Wird auch nicht Ihr Schaden sein.«

»Geschenkt. Dann bin ich mal weg. Allerdings nicht ohne die Ankündigung, dass dieses Gespräch für Sie Folgen haben wird.«

»Machen Sie nur», meinte der Schnauzbärtige in schleppendem Ton. »Das sind wir gewohnt.« Plötzlich der zweite, der Bürokrat: »Meinen Sie, Sie kommen so davon?« Ich meinte: »Gehen. Gehen oder Anwalt», dann, zu dem Dritten: »Sind wir hier fertig?«

Der nickte nur. Ich nahm meine Tasche, drehte mich an der Tür noch um mit der Frage nach dem Ausgang. Dann war auch dieses Highlight meiner Karriere als zukünftiger Staatsfeindin Nummer eins in trockenen Tüchen.

 

 

3

 

Es ergab alles keinen Sinn.

Das völlig außer Rand und Band geratene Häckselfinale nicht, daß mein durchgeknallter Hillbilly-Erzeuger angerichtet hatte, die Cops nicht und schließlich der Staatsschutz nicht. Möglich, dass sich die Geschichte auch so eingerenkt hätte. Man lebt weiter. Mein Sohn, Malte, war auf dem besten Weg, wieder ein (halbwegs) normales Leben zu führen, und ich selbst hatte mich zwischenzeitlich dabei ertappt, dem ein oder anderen Typen schöne Augen zu machen. Scheiß drauf, sagte die Pragmatikerin in mir. Hak’ die Geschichte ab, und lass deine Alten da oben in ihrem Sumpf verrecken.

Doch die Geschichte delirierte weiter, ging sozusagen in die nächste Spirale. Das erste waren die Flugblätter, die in unserem Altbauviertel angeklebt wurden. Mit den Konterfeis von R. und dann auch von mir. Richtig aufgemacht nach Steckkrief-Manier, und gezeichnet von einem omminösen »Zirkel der wahren Diagnose«. Der Wortlaut:

 

WARNUNG VOR DEM SYSTEM-KOLLABORATEUR R.

R. – in Internetforen auch unter den Nicks »Rolando4567«, »HeinzHarrer« sowie »Stimme der Vernunft« unterwegs – hat den Bogen mit seiner staatstragenden Propaganda überspannt und ist anscheinend nicht davor zurückgeschreckt, selbst mit der extremen Rechten anzubändeln. Die Polizei ermittelt angeblich, aber was davon zu halten ist, wissen wir alle. Ebenfalls verdächtig: seine langjährige Lebensgefährtin. Sie arbeitet im Krankenhaus XY, macht gern auf unscheinbar und ist bereits seit längerer Zeit dabei, unsere Strukturen auszuspionieren. Der Beweis: Sie hat – wie wir aus unterrichteter Quelle erfahren haben – letztens R.’s Festplatten verhökert, und ist möglicherweise zugange, den Systemnutten von den Medien Interviews zu geben. An der Stelle: WARNUNG und Fotos – damit jeder weiß, MIT WEM ER ES ZU TUN hat. P. s.: Unsere Foren sind gegen Trolle geschützt. Weitere Maßnahmen werden wir uns vorbehalten.

 

Was tun bei so viel gebündeltem Schwachsinn? Auch wenn wenn mir angesichts dieses Steckbrief durchaus schummrig wurde – ich mußte diplomatisch vorgehen. Als erstes rief ich Dirk an. Dirk war mit R., soweit man das sagen konnte, ziemlich dick befreundet. Diplomatie schenkte ich mir gleich:

»Habt ihr sie nicht alle? Was soll der Scheiß?«

Dirk druckste herum. »Keine Ahnung, wer sowas macht. Aber das sowas irgendwann kommt, hättet ihr euch ausrechnen können.« Er machte Anstalten aufzulegen. »Ich werd’ sehen, was ich machen kann. Vielleicht glätten sich ja die Wogen.« Dann war die Leitung tot.

»Hast du eine Ahnung, wieso man neuerdings Steckbriefe von mir plakatiert

Mona, meine beste Freundin, war da vermutlich nicht die allerbeste Ratgeberin. Als Heilpraktikerin hatte sie sich zeitweilig den Anti-Corona-Aktivisten angeschlossen – allerdings nie so richtig, sondern mehr am Rand. Mittlerweile dachte ich, dass man ganz gut wieder mit ihr reden konnte. Wir saßen in ihrem Wohn-Chill-Zimmer auf bunten Kissen und tranken einen selbstgemachten Tee.

»Nunja – R. hat sich das doch selbst zuzuschreiben. Letztlich, ich will dir ja keinesfalls zu nahe treten. Aber etwas im Ton vergriffen hat er sich schon. Ich meine, wer geht in ein Anti-Impfzwang-Forum und polemisiert dort gegen die Teilnehmer rum? Und auch der Rest: dieses Gerede von Freiheit, Antifaschismus und Menschenrechten. Ich will dir nicht zu nahe treten, aber: Mir jedenfalls scheint das ein recht verkürztes Bild der augenblicklichen Weltsituation zu sein. Aber sonst? Hey, du kennst mich: Wir sind total peacy – jedenfalls ich für meinen Teil. Aber da draußen – da gibt es schon ein paar Hardliner.«

»›Zirkel der wahren Diagnose‹ – mal ehrlich: Für mich klingt das ziemlich schlimm abgedreht.«

Mona rührte gedankenverloren in ihrem Aufbräu herum. Lange Rede kurzer Sinn: Richtig weiterhelfen konnte sie mir nicht. Also ließ ich die Sache auf sich bewenden. Respektive: verfasste, da ich sowieso total aufgedreht war, imaginäre Verteidigungstexte, die ich im Viertel ebenfalls plakatieren wollte. Verwarf die Idee wieder. Vielleicht etwas unausgeboren, oder: zu aktionistisch – auch wegen Malte. Der an allererster Stelle stand und die letzte Zeit sowieso schon viel zu kurz gekommen war.

Doch die Attacken intensivierten sich mit der Zeit. Wer immer der »Zirkel« war: Mehr und mehr nahmen sie mich persönlich aufs Korn. Der Ton wurde agressiver. Mittlerweile hatten Leute mein Konterfei ins Internet gestellt – zusammen mit einer anzüglichen Story, die mir alles mögliche nahelegte von Verschwesterung mit dem Patriarchat bis hin zum umgefallenen Sack Reis in China. Mit der Zeit kamen die Einschläge auch im Real Life an. Eines Tages kam Malte von der Schule. Privatschule – ich ackerte mittlerweile wie blöd, um diesen Luxus halten zu können.

»Sie haben mich von der Schule geschmissen.« Ohne weitere Worte und nach unten blickend hielt er mir einen Brief hin. Bevor er sich auf sein Zimmer verzog.

Ich knöpfte mir die Schulleiterin vor. So eine Öko-Tante, an der alles abprallte wie an einer Teflon-Pfanne. Ja, ich dürfe das nicht falsch verstehen. Aber innerhalb der Schule, und nicht zuletzt innerhalb des Eltern-Konsortiums, habe es Beschwerden gegeben. Die Sachverhalte könne sie als Schulleiterin zwar nicht beurteilen. De facto allerdings sei es so, dass Malte mittlerweile nicht mehr tragbar sei für ihre Einrichtung. Ich schrie sie an, drohte ihr mit einem Prozess, mit Klagen – das komplette Besteck. Bereits während ich es sagte war klar, dass nicht einmal zehn Prozent davon realistisch waren.

Am Tag darauf kam die Kündigung auf dem Job. Mein Chef nahm mich mit trübseliger Miene beiseite und meinte:

»Tut mir leid. Das war’s. Ich kann dich hier nicht mehr halten.« Er wustelte in seiner Tasche nach einer Kippe, meinte dann fahrig, dass er sich das Rauchen eigentlich abgewöhnt habe.

»Das war’s. Kündigung?«

Er nickte. »Ich hab’ mein Möglichstes versucht. Aber die Sache kommt von ganz oben.«

Ich schaute ihn an. »Nichts zu machen? Ich meine: Ich brauche das Geld …«

Er verneinte. »Den Papierkram kriegst du die Tage mit der Post. Bis zum Monatsende kannst du bleiben. Ich denke, wenn du den Betriebsrat einschaltest, ist sicher auch eine Abfindung drin. Aber sonst …«

 

Blieb der omminöse »Zirkel«. Der sich zwar einen diffus linken Anschein gab, aber in der Hauptsache Jagd auf Leute mit abweichenden Meinungen veranstaltete. Mir war klar, dass unsere Tage in der Stadt gezählt waren. Doch dem »Zirkel« reichte das offensichtlich nicht – respektive: es ging nicht schnell genug. Wohlweislich hatte ich Malte bei einer alten Freundin untergebracht, die in Berlin lebte. Für ein paar Wochen. Wohlweislich. An einem Abend nämlich, an dem ich wieder einmal überlegte und versuchte, Pläne auszubaldowern, die sowohl für mich als auch für meinen Sohn tragbar waren, schepperte es plötzlich an der Tür. Eine Schwachsinnstür – nie Sicherheitsschloss, immer Wolke sieben und sooo mit den Nachbarn. Obwohl ich mir im Anblick meiner Lage schon länger hätte Pfefferspray zulegen sollen. Oder – noch besser: eine Wumme.

Die Typen waren maskiert. Der erste schlug mir hart ins Gesicht. Ich torkelte, war benommen, versuchte noch, einen Stuhl oder irgendwas Schlagkräftiges zu erreichen. Zwei weitere hielten mich plötzlich im Schwitzkasten, fingen an, mit einem Kabelband herumzuhantieren. Nach drei Minuten war ich geknebelt und ansonsten eingewickelt wie ein Rollmops. Die Typen waren vier – allesamt mit Skimasken maskiert; das heißt drei. Der vierte hatte tatsächlich eine Corona-Schutzmaske vor dem Mund und hielt den Kopf mit der Kaputze seines Sweaters bedeckt. Darunter, stilecht: eine Sonnenbrille. Der mit der Sonnenbrille nahm mir den Knebel aus dem Mund.

»Wir haben das Haus bereits ausbaldowert, du brauchst also gar nicht erst zu schreien. Wenn du allerdings Terz machst, gibts was auf die Ohren. Verstanden?«

Ich nickte. »Seid ihr vom ›Zirkel‹? Oder: Rechte? Egal – ihr werdet es mir mit Bestimmtheit gleich sagen.«

Zwei der Typen hinter ihrer Skimaske feixten. »Nee – mit Rechten haben wir nichts am Hut«, meinte einer von ihnen. »Unsere Ideen reichen viel weiter. Wir sind global ausgerichtet. Wir bekämpfen die weltweite Verschwörung der Eliten. Und vor allem bekämpfen wir Leute, die einen auf systemkritisch machen. Und dabei den Machenschaften der Verschwörer Vorschub leisten.«

»Du meinst: so Leute wie mich?« Ich konnte nicht umhin, lauthals aufzulachen.

»Genau«, zischte Skimütze Nummer zwei. »Und weil wir keine so Luschen sind wie deine linken Freunde, rechnen wir auch mit Verrätern ab.«

»Wir sind nicht so wie diese Peacy-Wichser – obwohl die zugegeben manchmal ganz nützlich sind«, vermeinte Skimütze Nummer drei. »Wir haben also weltweit ein Problem, und weltweit entsprechend Aufgaben.« Da Drei offensichtlich nicht der theoretisch Versierteste war, übernahm wieder der mit der Sonnenbrille. Weitschweifig klärte er mich über die Lage im weltweiten Kampf gegen die alles kontrollierenden Eliten auf, und dass da notgedrungen ein paar Leute hopsgehen. Es war grauenhaft. Ich sagte:

»Ich nehme an, ihr werdet mir nächstens auch erklären, was das alles mit mir zu tun hat.«

Der Sonnenbrillentyp guckte besorgt, scheinbesorgt. Seine Maske war im Lauf seines Vortrags bis aufs Kinn heruntergerutscht. Er schaute irritiert. »Das macht die Messe auch nicht mehr gelesen«, meinte er dann. »Dass du micht kennst. Du bist, Sorry, sowieso Geschichte.«

»Du kennst mich doch gar nicht. Und ich kenne dich nicht. Wieso verpisst ihr euch nicht einfach aus meiner Wohnung?«

»Das ist nicht so einfach.« Sonnenbrille eins wieder. »Natürlich geht es in der Hauptsache um deinen Typen oder Ex-Typen – der jedenfalls, der abgetaucht ist. Wir haben nämlich Gericht gehalten, und das Urteil war einmütig. Was dich anbelangt, wissen wir es ehrlich gestanden nicht.«

Er machte eine Pause, die irgendwie bedeutsam wirken sollte. Sonnenbrille und zwei der drei Skimützen tuschelten. Skimütze drei zog seine Skimütze ab und blickte mich bedeutsam an. Ich kannte ihn nicht.

»Für meinen Teil ist es egal. Meine Kumpels meinen jedoch, wir müssen das Urteil für dich noch verifizieren. Also, für mich bist du schlicht eine Verräterin.« Er setzte verächtlich einen Rotzklumpen auf den Dielenboden. Naja – die DNA, die der damit hinterließ, schien in meinem Fall eh gehupft wie gesprungen. Er starrte mich hasserfüllt an. »Ich sage dir nun, wie das läuft. Wir sind ne Weile weg und fixen das Ding. Mr. White hier«, er zeigte auf den Sunnyboy mit der Sonnenbrille, »wird dir Gesellschaft leisten. Damit dir auch nicht langweilig wird.«

So lief es dann auch. Die drei Skimützen machten sich davon, Sunnyboy setzte sich auf einen Plüschsessel mir gegenüber.

»Ich mach dir mal etwas die Dinger los. Wir sind schließlich keine Unmenschen.« Er hantierte an meinen Fesseln herum, und ich hatte den Eindruck, dass er mir dazu etwas näher kam, als es anlassbezogen notwendig gewesen wäre.

»Was machst du so?« Er hatte sich einen Drink mit Hochprozentigem gemacht in meiner Küche und stellte mir, ganz Gentleman, ebenfalls ein Glas auf den Tisch. Offenbar die neue Verführungsmasche. Ich stieg in das Geplänkel ein – in der irren Hoffnung, doch noch in eine Situation zu kommen, in dem ich mich aus diesem Abfuck befreien und Fersengeld geben konnte. Ich erzählte ihm, dass ich selbst total unpolitisch sei, ließ allerdings wohldosiert Infos von Stapel, dass mein Gegenüber den Eindruck gewann, ich plaudere über meinen Freund.

»Untergetaucht ist er also nicht?« Man konnte es nicht anders ausdrücken: Er – also Mr. Sunnyboy – war einfach ein Tölpel.

Weiter gings im Takt. Beim zweiten Whiskey setzte er sich neben mich, nahm mich in den Arm und meinte, vermutlich sei das alles ein verficktes Mißverständnis, und ich sei nur wider Willen, quasi ohne die Konsequenzen zu beachten, in die Fänge meines Freundes geraten.

»Manchmal ganz schön einsam, so ein Leben. Oder etwa nicht?«

»Kannst du mir vielleicht mal die Arme etwas aufschnüren? Einen Whiskey könnte ich jetzt gut vertragen. Und so komme ich an das Glas nur schwer ran, meine Hand ist schon ganz eingeschlafen.«

»Ich kann ganz sicher ein gutes Wort für dich einlegen«, meinte er. Dabei glotzte er mir immer unverblümter auf die Titten. »Das MUSS nämlich so nicht enden – verstehst du?«

»Du meinst … wenn ich dir einen Gefallen tue. Sozusagen: eine Hand wäscht die andere?«

Ich versuchte, meine verschmuste Seite aufzusetzen, auf liebesbedürftige Katze zu machen. Schwanz denkt, wie mein Ex einmal ironisch meinte; der Dämel nahm es mir tatsächlich ab. Dann trat ich ihm mit allem Karacho in die Kronjuwelen. Der Tritt saß. Hastig befreite ich mich weiter, verpasste ihm, um in Übung zu bleiben, noch ein paar weitere Tritte. Das arme Ding – heulte, in der Tat. Ich entledigte mich hastig der restlichen Fesseln, verpasste dem Typ zum Abschied noch einen Aschenbecher über die Rübe und floh dann aus meiner Wohnung.

 

Was ist aus ihr geworden? In den Netflix-Serien, die ich mir im Lauf der letzten Monate (nicht immer zu meinem Besten) angewöhnt hatte, macht die Heldin am Schluss den großen Befreiungsschlag. Rache geht immer; Cash ist allerdings besser. Was mich anbelangte, standen die Chancen für beide Optionen bescheiden. Was tat ich? Zunächst quartierte ich mich bei einer Freundin ein (einer zuverlässigen!). Dann baldowerte ich aus. Ich bin Realistin; demzufolge kann ich zwischen dem Quatsch in Serien und dem echten Leben unterscheiden. Rache an meinem Dad war keine Option. Die Cops saßen schlicht am längeren Hebel. Also blieb: Ortswechsel. Berlin erschien mir zunächst recht attraktiv. Bis mich – unverhofft – doch noch Fortuna küsste.

Wer auf Ethos und so weiter steht – der Spoiler lautet: Es war eine richtig fiese Nummer. Zurückzuführen auf Monsieur Zufall, der nach einem Unfall in unserem Krankenhaus eingecheckt hatte. Wohlweislich hatte ich mich zwischenheitlich auf Nachtschichten verlegt. Und zufällig, etwas neugierdehalber, fiel mir der Laptop von diesem Typ in die Finger, der da in seinem Bett lag und sich unruhig hin und her wälzte. Es war Bingo: das ganze Teil war voll mit kinderpornografischen Aufnahmen. In einem weiteren Verzeichnis hortete er – ein weiteres Bingo – die Mailadressen von ein paar Dutzend Gesinnungs- oder besser Tat-Kumpel. Hätte er vor seinem Auffahrunfall wohl besser den Compi runtergefahren. Oder wenigstens seine Dateien passwortgeschützt.

Was sollte ich tun? Zur Polizei gehen? Abgesehen von meinen eigenen mißlichen Erfahrungen war das nicht wirklich die Option. Wie ich die Cops kannte, würden sie versuchen, auch diese Geschichte mir anzuhängen. Und dann säße ich wirklich in der Tinte. Die Option lautete also: Erpressung. Ich sicherte den ganzen Scheiß auf einem Stick, hinterlegte eine Sicherheitskopie für alle Fälle bei meiner Anwältin und plante die nächsten Schritte. In Krimis läuft sowas immer hochspektakulär ab. Im konkreten Fall erwies sich das Risiko allerdings als überschaubar – auch wenn es sicher angeraten war, dass ich im Anschluss von der Bildfläche verschwand. Ich pokerte also und handelte eine Summe im niedrigen sechsstelligen Bereich heraus – sicher nicht genug für ein Leben ohne Sorgen, aber eine Summe, die für einen Neuanfang reichen sollte.

Der Rest: und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Ich interessiere mich mittlerweile fürs Schreiben und habe entsprechend auch eine Schreibschule absolviert. (Klaro, werden Sie sagen – sonst hätte sie das Ganze gar nicht zu Papier gebracht.) Die Schule ist irgendwo – sagen wir, in einem südlichen Land. Die Leute hier sind entspannter als in Germany, aber das ist für Sie sicher eine Binse. Auch Malte verträgt die Luft am Meer hier ganz gut (oups – jetzt habe ich mich doch etwas verraten). Wie gings mit der Liebe weiter, und so weiter? Nicht unbedingt wie im Bilderbuch. Aber auch andere Länder haben schöne Söhne, so viel kann ich Ihnen sagen. Der Rest: Von den Cops habe ich nichts mehr gehört. Bin jetzt eine, die von der Bildfläche verschwunden ist. Nach meinen Alten habe ich mich erkundigt – dezent, versteht sich. Sie machen immer noch da oben in ihrem Nest herum. Weitere Vorkommnisse hat es anscheinend nicht gegeben. Aber mein Dad ist dort immer noch aktiv und betreibt seit Neuestem sogar eine Internetseite. Möglich, dass er es zu weit treibt, und die Cops ihn doch noch hopsnehmen.

Der Fall: interessiert mich nicht mehr. Wenn es einer war – und nicht nur eine Aneinanderreihung seltsamer Vorkommnisse und von Leuten, die kollektiv hohldrehten. Vielleicht gab es auch eine Verschwörung. Aber, mal ein offenes Wort unter Betschwestern: mir persönlich erscheint das eher unwahrscheinlich. Ich muß nun zum Schluss kommen. Malte ist aus der Schule gekommen, und irgendwie muß ich ihn animieren, seine Hausaufgaben zu machen, bevor er mit seinen Kumpels loszieht oder – der Tag wird nicht mehr allzufern sein – den Mädels hinterher ist. Und ich? Ich habe eine Geschichte ohne Abschluss geschrieben. Keine Chance auf Netflix, aber was nicht ist, kann ja noch werden. An der Stelle so hier nur die sechs Buchstaben, mit denen jeder anständige Hollywood-Schinken endet:

 

THE END